Jahresrückblick

Jahresrückblick. Jahresrückblick 2017. Immer diese Jahresrückblicke, damit die Sendeanstalten die ganzen verstaubten Archivaufnahmen rauskramen und nochmals verwerten können. Abgehalfterte Comedians können ihre alten Witze recyclen und Nachrichtenredaktionen sich ihren Content für die nächste Ausgabe aufheben. Aber was soll schon passiert sein? Irgendwelche Prominenten sterben immer. Es sterben auch eine Menge Nicht-Prominenter, aber über die zu berichten würde den Rahmen sprengen. Karl Ramseyer ist tot.

Irgendwo schwappt auch immer mal das Meer unbotmäßig über die Ufer, irgendein Berg kracht garantiert zusammen und Erdbeben haben ohnehin einen Dauervertrag mit den Medien. Und natürlich Kriege – die finden auch verlässlich immer irgendwo statt. Nicht zu vergessen, die vielen Skandale und Skandälchen, Hochzeiten, Adelsgeburten, all der Klatsch und Tratsch ohne den unsere Regenbogenpresse gezwungen wäre, über Relevantes zu berichten.

Und jetzt also auch hier. In Patakaustik. Jahresrückblick. Na gut, dann wollen wir mal. 2017 war ein Jahr der Veränderungen. Jedes Jahr, ist ein Jahr der Veränderungen. Meist ändert sich schon bei Jahresanfang die zweite Stelle meiner Anzahl Lebensjahre, das ist schon ärgerlich genug. Und wenn sich sogar die erste Stelle ändert, fang ich an zu weinen. War diesmal aber zum Glück noch nicht der Fall.  Aber alles in allem war es genauso ein Jahr wie alle anderen Jahre zuvor. Das Leben geht weiter, solange es möglich ist, und die Dinge wiederholen sich in Zyklen. Man wird älter, Männer haben irgendwann nicht mehr nur Hupen und Muschis im Kopf, Frauen gehen seltener zum Friseur und irgendwann ist dann für den einen oder anderen Schluss. Und wenn man prominent genug ist, wird das im nächsten drauffolgenden Jahresrückblick sogar erwähnt.

Das eigentliche Wunder ist doch, dass wir überhaupt Gelegenheit dazu haben, solche Rückblicke zu verfassen. Wenn das Universum selbst einen Jahresrückblick veranstalten würde, wie könnte der aussehen? Mal ganz absehen, dass es keine läppischen Jahresrückblicke wären, sondern mindestens mal Jahrtausendrückblicke? Was wäre dann im Jahrtausend 2017 so passiert?

Im System Vega explodierten drei Planeten. Nicht schade drum, waren nichtmal Mikroben drauf. Galaxie NDG 7645BX-15 ist kollabiert. Das ist ärgerlich, die hatte noch 2000 Humpen Gasnebel bei mir aufem Deckel. Die kann ich mir jetzt wohl in meine schwarzen Löcher schieben. Ach und die merkwürdigen Ameisen auf diesem blauen Planeten da hinten, ihr wisst schon, dieses unbedeutende kleine G-Typ System am äußersten Rand der Milchstraße plant jetzt einen Ausflug zu ihrem rotzlangweiligen Nachbarplaneten. Wenn wir Pech haben, könnte das sogar klappen. Dann müssen wir in den nächsten Jahrtausenden damit rechnen, dass Knallchargen wie Dieter Bohlen eine neue Sendung machen „Die Galaxis sucht den Superstar“. Heilige Scheiße, es wird ernst. Flaussig, was meinst du dazu?

Was? Wozu? Jahresrückblick? Willste paar in die Fresse? Dieses Jahr war so scheißlangweilig wie wie … äh … 2012! Nein stimmt nicht, 2012 ging ja wenigstens die Welt unter. Ist aber dann doch nicht passiert. Das hat mich eh schon total geärgert, ich hatte im voraus gebucht! Die Pampelmusenhirne von Amis werden immer unsympathischer und wählen 2016 einen steinreichen Clown zum Präsidenten, das ist geschmacklos! In der ganzen Welt passieren unaufhörlich die schlimmsten Sachen, obs nun die Sklaverei in Libyen ist, oder der Völkermord im Jemen, wen interessiert das schon? Es ist doch viel interessanter, wen Prinz Harry heiratet. Diese scheinheilige Welt ekelt mich an! Mach mal einen Test: schau dir den Jahresrückblick von 2013 an. Den, den du damals geschrieben hast. Und? Fällt dir was auf? Genau: ARSCHLANGWEILIG. Warum also, sollte das dieses Jahr anders sein?

Autor: Rael Wissdorf, Copyright (02.04.2014/20.12.2017), alle Rechte vorbehalten.