Alle Menschen sind dumm (aber manche sind dümmer).

Vor vielen Jahren arbeitete ich als Bühnenmusiker fürs Theater. Ich kam also mit vielen SchauspielerInnen zusammen. Und musste feststellen, dass sie mich meistens langweilten, denn in der Tat waren sie nur in ihrer jeweiligen Rolle interessant. Es gab aber auch einige unter ihnen, die mich beeindruckten. Eine von ihnen war die junge und attraktive Schauspielerin Bettina F. – mit ihr sprach ich eines Abends in einer Vorstellungspause über menschliche Intelligenz. Und da überraschte sie mich, denn sie sagte:

„Ich glaube, ich bin ziemlich dumm. Ich sehe gut aus und kann mir Texte merken, deshalb bin ich Schauspielerin. Aber von allen anderen Dingen verstehe ich überhaupt nichts, und sie interessieren mich auch nicht. Mathe, Physik aber auch Philosophie, dazu bin ich einfach nicht intelligent genug. Ich muss das auch alles nicht wissen, ich will nur meinen Job gut machen, denn davon lebe ich.“

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Kausalität, Korrelation, Koinzidenz

Bei weiter fortschreitender Demenz der Volksmassen, schälen sich immer mehr zwei Lager heraus, die sich unversöhnlich gegenüberstehen: Esoteriker und Anhänger der Naturwissenschaften. Dabei behaupten beide Seiten, dem Wissen zu dienen. Die Esoteriker meinen, sie wüssten schon alles, während Wissenschaftler wissen, dass sie nur manches aber noch längst nicht alles wissen.

Früher gab es einfach nur Mediziner. Die alle mehr oder minder erfolgreich Krankheiten heilten, oder sie hervorriefen, wenn grad nichts zu heilen war. Sie arbeiteten alle mit denselben Methoden: Tränke verabreichen, hoffen, dass die helfen würden, Blut abzapfen, hoffen, dass das helfen möge, Knochen schienen, hoffen, dass sie zusammenwachsen würden. Erst mit der Zeit begannen auch Mediziner, sich wissenschaftlicher Methoden zu bedienen. Mit der Entdeckung des Bakteriums beispielsweise, erschien es vielen Medizinern fortan einleuchtend, sich vor einer Operation die Hände zu waschen. Weil sie den kausalen Zusammenhang zwischen einer Streptokokkeninfektion und einer Herzklappeninsuffizienz erkannten. Heute nennen Esoteriker solche Ärzte „Schulmediziner“ und meinen das Negativ. Während Heilpraktiker lieber mit der alten Methode weiter machen. Sie wissen schon: Globuli verabreichen, hoffen, dass das hilft, Blut abzapfen, hoffen dass es hilft, usw. Solche Zeitgenossen lassen sich durch so Spitzfindigkeiten wie „Kausalität“ nicht aus der Ruhe bringen. „Kausalität, Korrelation, Koinzidenz“ weiterlesen

Ehrlichkeit ist Lüge

Es gibt gewisse Floskeln, die uns bitter entlarven. Vor allem die Floskel »Ehrlich gesagt…« – oder die Variante »jetzt mal ganz ehrlich« – oder als Einschub »… und das meine ich ganz ehrlich«. Potzblitz: Ansonsten wird also nur gelogen? Und nur jetzt »mal« ganz ehrlich gesprochen? Ist wohl so.
Ferner beschreiben sich Menschen sehr häufig als »ehrlich«. Sie begründen sogar rüdes Sprachverhalten damit, oder schlicht ihre bösartige und beisserische Natur, indem sie vorgeben »ich bin eben ein ehrlicher Typ, ich kann mich nicht verbiegen. Ich sage frei heraus, was ich denke. Wenn euch das nicht passt, mir auch egal!«
Das ist so ziemlich die verlogenste und heuchlerischste Methode, seine Unsensibilität zu kaschieren. Am Ende sollten wir Schilder auf der Stirn kleben haben: »VORSICHT EHRLICH!«, damit all die Sanftmütigen schnell Reissaus nehmen können? „Ehrlichkeit ist Lüge“ weiterlesen

Deutsch ist Glückssache

Patakaustik ist ein von Rael Wissdorf kreiertes Kunstwort, welches sich an die Pataphysik anlehnt. Wer hat sich nicht schon über die Verwendung von Begriffen geärgert? Sei es im normalen Gebrauch oder auch in der Werbung oder den Medien allgemein. Redewendungen wie „auf deutsch gesagt“ grassieren meist an Stammtischen, aber „im Endeffekt“ wird auch gern in der Sportschau gebraucht. Oder auch der verschwenderische Einsatz von Anglizismen, seien sie nun korrekt oder falsch, wie „Challenge“ (Warum darf es keine Herausforderung mehr sein?) oder „Performance“. Songs werden nicht mehr gesungen, sie werden „performed“.

Der selbsternannte „Sprachtaliban“ Rael Wissdorf regt sich jedenfalls mächtig darüber auf. Mit wütendem und zugleich witzigem Elan macht er sich über die Idiotien des modernen Sprachgebrauchs her. Aber seine scharfzüngigen Analysen machen vor Sprache allein nicht halt: so begibt sich der Erfinder der Patakaustik fröhlich auf jedes Glatteis menschlicher Weltdeutung – wobei er Esoteriker als beliebteste Zielscheibe mit Hohn und Spott bewirft. Dabei vertritt er die kühne These, dass Sprachfähigkeit und Denkfähigkeit sehr eng zusammenhängen. Damit wird sein Kampf für eine bewusste Sprache zu einem Sturm gegen die Dummheit.
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Hau die Strasse!

Redewendungen sind schön und gut, und man erwartet hier eigentlich auch keine Logik. Eine Redewendung wie z.B. „das kriegen wir schon gebacken“ kann auch von Nicht-Bäckern verwendet werden, der Sinn erschließt sich ja aus der Metapher. Redewendungen sind das Salz in der Suppe, (was schon wieder eine Redewendung war) und bereichern die Sprache. Und sie sind unglaublich lustig, wenn man sie z.B. ins Englische übersetzt, wie das beliebte „Ich bring dich um die Ecke“ in „I bring you round the corner“. Auch umgekehrt machen sie Spaß, wie das englische „Hit the road“, welches einfach nur „Ich fahr dann mal los“ bedeutet, übersetzt aber zu einem verblüffenden „Ich haue die Straße“ wird. Und warum im Mann ein Kind lebt, wird ein Japaner niemals verstehen.

Wer mal drauf achtet, wird feststellen, dass unsere Sprache von Redewendungen nur so wimmelt, ja eigentlich zu einem hohen Prozentsatz fast nur aus solchen besteht. Redewendungen sind nur dann zu verstehen, wenn man den gesamten sozio-kulturellen Hintergrund einer Sprache kennt; man muss sozusagen „hineingeboren“ sein. Sprachfremde haben daher oft ein Problem damit, da sie eine Redewendung wie „jetzt hau’n wir auf die Pauke“ mit der Aufforderung verwechseln, als Schlagzeuger einem Orchester beizutreten. Oder, wie es in der Wikipedia so schön als Beispiel aufgeführt wird, können sie zwar die Begriffe „Grün“ und „Zweig“ verstehen, wissen aber noch lange nicht, wie sie „auf einen grünen Zweig“ kommen. „Hau die Strasse!“ weiterlesen

Süddeutsche und Nordwestostdeutsche verbindet vieles. Außer der Sprache.

„Heb das mal!“

Diese Aufforderung, von einem Süddeutschen an einen NWO-Deutschen gerichtet, löst Verwirrung aus. Der NWOD ist der Ansicht, er sollte das Teil nun hoch- oder aufheben. Der SD (Süddeutsche) dagegen, meint damit, er solle es festhalten. Dieses sprachliche Missverständnis kann zu hitzigen Debatten bis hin zur offenen Prügelei führen, nur weil hier Begrifflichkeiten in anderem Kontext verwendet werden.

Wenn ein Süddeutscher zum Arzt kommt und erklärt, ihm täte „der Fuß“ weh, so fragt ein Süddeutscher Arzt einfach nur „und wo da?“, weil er weiß, dass der Süddeutsche mit Fuß all das bezeichnet, was von der Hüfte abwärts bis zu den Zehen reicht. Ein NWOD-Arzt wäre jetzt hilflos, denn er würde den Fuß untersuchen und nichts finden, weil der SD vom Knie gesprochen hatte. „Süddeutsche und Nordwestostdeutsche verbindet vieles. Außer der Sprache.“ weiterlesen

Wie man blöd wird

Über Klugheit wird viel geschrieben, und auch darüber, wie man sie erlangt. Klugheit. Weisheit, Wissen an sich werden vom Spirikariat der Schlaumeier gern als einzig erstrebenswerte humanistische Güter angepriesen und ihre Vertreter schauen auf das Prekariat der Dummheit verächtlich herab.

Gleichzeitig aber, und jetzt halten Sie sich fest, gleichzeitig beklagen so ziemlich alle klugen Menschen, dass die Welt von den Blöden regiert würde. Und verweisen dabei stets auf kleinhirnige Herrscher wie George W. Bush, Helmut Kohl und Florian Silbereisen. Wobei letzterer nicht als Herrscher zu betrachten ist, aber die Tatsache, dass er sich eine bildhübsche Schlagersängerin geangelt hat, macht ihn per se zum Hassobjekt der Intelligenz.

Jetzt mal eine spitzfindige Frage: Wie kann es sein, dass die Welt von Blödheit regiert wird, wenn es doch so viele Schlaumeier gibt? Ja, schenkt man den vielen Kommentaren auf Facebook den Glauben, die sie erheischen, sind alle, wirklich alle unglaublich schlau. Es kommt auch extrem selten vor, dass Menschen sich freiwillig als blöd outen. So blöd können sie also eigentlich nicht sein, denn dann könnten sie es ja tun. Und heimlich kichern, hehe reingelegt, ich bin gar nicht blöd. Tut aber keiner (ausser Verona Pooth). Die Gefahr, tatsächlich für blöd gehalten zu werden, ist viel zu hoch, das wäre ja sowas von peinlich (außer Verona Pooth). „Wie man blöd wird“ weiterlesen

Gut & Böse

Um herauszufinden, ob man selbst ein böser Mensch ist, muss man zu ekligen Dingen bereit sein. Das ist ungefähr so, als würde man sich den Hintern mit der eigenen Brille abwischen und sie dann wieder aufsetzen. Die Kacke, die man dann sieht, ist die eigene.

Dazu sind die wenigsten Menschen bereit. Sie sind aber seltsamerweise bereit, sich die Brille am Arsch eines anderen abzuwischen und nur dessen Kot zu sehen. Das ist im Übrigen schon der erste Schritt. Denn der dies tut, ist bereits ein kleines bisschen böse.

Fangen wir mal mit den Dinosauriern an. Vielleicht kam ja mit ihnen das Böse in die Welt? Der brave Triceratops kaute nur Gemüse, und war ein liebes Tier. Dann kam der gemeine T-Rex und machte ihn tot. Das war wirklich böse. Nur: hätte der Triceratops zuviel von dem Gemüse gefressen, wäre das ganze Grünzeugs weg gewesen, und damit einige extrem wichtige biochemische Prozesse, die das Leben überhaupt erst ermöglichen. Insofern brauchte es also den fiesen T-Rex, um dafür zu sorgen, dass ebendiese Prozesse weiterhin garantiert sind. „Gut & Böse“ weiterlesen

Das ist Papageiendeutsch, im Endeffekt.

Eine der penetrantesten Worthülsen der deutschen Sprache ist die Redewendung „im Endeffekt“, die nahezu epidemisch grassiert. Aber was bedeutet diese sinnfreie Floskel eigentlich, im Endeffekt? Als internetsüchtiger Zeitgenosse schlage ich zunächst mal in der Wikipedia nach und werde unter dem Oberbegriff „Floskel“ fündig:

„Heute ist mit einer Floskel eine inhaltsleere Sprachhülse gemeint und wird daher oft abwertend gebraucht. Nicht zuletzt durch Funk- und Fernsehmedien verbreiten sich Floskeln in der deutschen Sprache epidemisch rasch und bei ihren Verwendern subliminal. Durch ihre permanente Wiederholung entwickelt sich das Deutsch ihrer Verwender zum „Papageien-Deutsch“ (Schenk).“

Und weiter:

Beispiele: halt eben, an der/dieser Stelle, letztendlich (statt letztlich oder endlich), im Endeffekt, einfach, nicht wirklich, ein Stück weit, eh, sage ich mal, ich denke, wie gesagt (wobei der hierauf genannte Inhalt nicht zwangsweise bereits gesagt wurde) „Das ist Papageiendeutsch, im Endeffekt.“ weiterlesen

Jahresrückblick

Jahresrückblick. Jahresrückblick 2017. Immer diese Jahresrückblicke, damit die Sendeanstalten die ganzen verstaubten Archivaufnahmen rauskramen und nochmals verwerten können. Abgehalfterte Comedians können ihre alten Witze recyclen und Nachrichtenredaktionen sich ihren Content für die nächste Ausgabe aufheben. Aber was soll schon passiert sein? Irgendwelche Prominenten sterben immer. Es sterben auch eine Menge Nicht-Prominenter, aber über die zu berichten würde den Rahmen sprengen. Karl Ramseyer ist tot.

Irgendwo schwappt auch immer mal das Meer unbotmäßig über die Ufer, irgendein Berg kracht garantiert zusammen und Erdbeben haben ohnehin einen Dauervertrag mit den Medien. Und natürlich Kriege – die finden auch verlässlich immer irgendwo statt. Nicht zu vergessen, die vielen Skandale und Skandälchen, Hochzeiten, Adelsgeburten, all der Klatsch und Tratsch ohne den unsere Regenbogenpresse gezwungen wäre, über Relevantes zu berichten. „Jahresrückblick“ weiterlesen