Redewendungen sind schön und gut, und man erwartet hier eigentlich auch keine Logik. Eine Redewendung wie z.B. „das kriegen wir schon gebacken“ kann auch von Nicht-Bäckern verwendet werden, der Sinn erschließt sich ja aus der Metapher. Redewendungen sind das Salz in der Suppe, (was schon wieder eine Redewendung war) und bereichern die Sprache. Und sie sind unglaublich lustig, wenn man sie z.B. ins Englische übersetzt, wie das beliebte „Ich bring dich um die Ecke“ in „I bring you round the corner“. Auch umgekehrt machen sie Spaß, wie das englische „Hit the road“, welches einfach nur „Ich fahr dann mal los“ bedeutet, übersetzt aber zu einem verblüffenden „Ich haue die Straße“ wird. Und warum im Mann ein Kind lebt, wird ein Japaner niemals verstehen.
Wer mal drauf achtet, wird feststellen, dass unsere Sprache von Redewendungen nur so wimmelt, ja eigentlich zu einem hohen Prozentsatz fast nur aus solchen besteht. Redewendungen sind nur dann zu verstehen, wenn man den gesamten sozio-kulturellen Hintergrund einer Sprache kennt; man muss sozusagen „hineingeboren“ sein. Sprachfremde haben daher oft ein Problem damit, da sie eine Redewendung wie „jetzt hau’n wir auf die Pauke“ mit der Aufforderung verwechseln, als Schlagzeuger einem Orchester beizutreten. Oder, wie es in der Wikipedia so schön als Beispiel aufgeführt wird, können sie zwar die Begriffe „Grün“ und „Zweig“ verstehen, wissen aber noch lange nicht, wie sie „auf einen grünen Zweig“ kommen.
Ein Kulturfremder, der noch so gut Deutsch gelernt haben mag, würde bei den ersten 3 Fragen der Sendung „Wer wird Millionär“ kläglich scheitern. Vielleicht weiss er noch, was Morgenstund im Mund hat, weil er das von seiner Deutschlehrerin weiss, aber spätestens bei „Klappe zu“ wird er nie auf die Idee kommen „Affe tot“ folgen zu lassen. Das Gleiche würde unsereinem natürlich in England, den USA oder Frankreich passieren. Sprache ist eben mehr als die Worte, aus denen sie besteht, Sprache ist immer auch Kontext.
Es gibt aber auch Idiome, oder Phraseologien, die regional begrenzt sind, und eine eher etwas fragwürdige historische Phänomenologie offenbaren, wie, das eher im Osten Deutschland verwendete „Dienst haben“.
Flaussig: Melde mich!
Hä? Was? Was willst du denn schon jetzt?
Flaussig: Na ich hab Dienst. Ich bin da. Also los!
Wie? Du hast Dienst … aber das ist ja grad der Witz bei meiner Kritik. Ich kenne nämlich eine Angestellte einer Optikerkette, die sagt immer „morgen hab ich Dienst“, anstatt „morgen muss ich zur Arbeit“.
Flaussig: Na und? Wenn sie Dienst hat? Dann hat sie eben Dienst! Ich hab jetzt auch Dienst.
Du verstehst den Witz nicht du Knödelbecher. Dienst hat ein Feuerwehrmann, oder ein Sanitäter, oder meinetwegen auch ein Finanzbeam … nein, der auch nicht, der geht auch zur Arbeit und hat keinen „Dienst“.
Flaussig: Papperlapapp. Auf meinem Dienstplan steht ganz klar: Jeder zweite Mittwoch, Flaussig antreten, rumkreischen und sich aufregen. Also. Ich bin hier um rumzukreischen und mich aufzuregen.
Das ist korrekt, aber 1) ist das kein „Dienst“ sondern schlicht „deine Arbeit“ und 2) bist du erst am Schluss dran.
Flaussig: Wer sagt das?
Ich sage das!
Flaussig: Und wer ist „ich“?
Du bist ich, oder ich bin du, oder, ach was, mach mich nicht knülle, du kommst am Schluss und basta.
Flaussig: Du redest irre. Ich bin doch jetzt da, also bin ich da oder bin ich nicht da oder was? Negiere meine Existenz und du negierst dich selbst.
Flaussig. Mit aller mir zur Verfügung stehenden Geduld …
Flaussig: Was nicht viel ist …
Weise ich dich darauf hin, dass du am ENDE der Sendung kommst, und meine Thesen nochmals in pathologischer Form zusammenfasst. So war es immer!
Flaussig: Ich weiß gar nicht, was du willst. Ich hab bloß gesagt, dass ich jetzt Dienst hab. Ich bin da. Freu dich.
Ich freue mich. Jetzt. Danke. Und jetzt wartet man gefälligst, bis man an der Reihe ist.
Flaussig: Da! Noch ein ostischer Phrasologismus! Du sagst „man“ wo du „ich“ sagen könntest. Total behämmert!
Jetzt reicht’s langsam Flaussig, ich hab die Faxen dicke. Du hältst jetzt den Rand bis du an der Reihe bist und ich meinen hochintellektuellen patakaustischen Vortrag …
Flaussig: hochintellektuell! Dass ich nicht lache! Du Westentaschenzwiebelfisch, du Möchtergern-SPON, du …
Halt jetzt endlich den Rand, du Beulschädeliger Verwaltungswurm, du fiktive Nörgelfresse, du …
Baaah, du Sprachwurzelzahnbohrer, du Wechseldrechselpexel …
Wechseldrechselpexel? Was soll’n das jetzt sein …
Ach keine Ahnung, ist mir so eingefall’n, wann ist denn dein blöder Vortrag zu Ende, damit wir …
Autor: Rael Wissdorf, Copyright (02.04.2014), alle Rechte vorbehalten.
Erstveröffentlichung 02.04.2014